Oskar Debus

Wuppertal-Elberfeld, Deutschland
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3. November 1886 - 17. Dezember 1942

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Oskar  Debus 1886 - 1942 (Quelle: Hans-Rainer Sandvoß, Widerstand in  Friedrichshain und Lichtenberg, Berlin, 1997, S. 61)

Oskar Debus 1886 - 1942 (Quelle: Hans-Rainer Sandvoß, Widerstand in Friedrichshain und Lichtenberg, Berlin, 1997, S. 61)

“Sturz und Vernichtung der Hitlerdiktatur, Recht und Gerechtigkeit für alle, Freiheit des Glaubens und der Weltanschauung, volle Selbstregierung und Selbstverwaltung des deutschen Volkes in einem erneuerten Reich der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Demokratie, Frieden und Freundschaft mit allen Völkern”. Für diese und weitere Ziele kämpfte Oskar Debus und widersetzte sich couragiert der grausamen NS-Diktatur.

 

Von Andreas Möller

Oskar Debus wurde am 3. November 1886 als Sohn von Alwine Debus, geb. Becker und Wilhelm Debus in Wuppertal-Elberfeld geboren. Von 1892 bis 1900 besuchte er die Volksschule in Elberfeld und erlernte anschließend einen kaufmännischen Beruf. Nach seiner Ausbildung war er bis 1905 in der Bettfedernbranche tätig. Auf Grund seiner kaufmännischen Laufbahn wurde Debus ab 1905 Mitglied des Zentralverbands der Angestellten (ZdA). In den Jahren von 1907 bis 1910 arbeitete er im Innendienst einer Versicherung. 1911 erhielt Debus eine Anstellung bei der Stadtverwaltung Elberfeld1. Im gleichen Jahr trat er der Konsumgenossenschaft „Befreiung“ in Elberfeld bei und arbeitete als Buchhalter bis Oktober 19182. In den Jahren von 1911 bis zum Verbot 1933 war Debus Mitglied der SPD. 1918, kurz nach der Geburt seiner Tochter Ilse, zog er mit seinen Eltern, seiner Frau Anne Debus, geb. Scheidt und seinem Sohn Willi ins thüringische Schwarza. Hier arbeitete er bis 1922 als Geschäftsführer des Konsumvereins „Saale“. Von 1923 bis Januar 1924 hatte er die gleiche Stellung beim Kommunalverband Saalfeld/Thüringen inne. Anschließend war er bis Mitte 1925 bei verschiedenen Firmen angestellt und machte sich kurzzeitig versuchsweise selbstständig. Ab Mitte 1925 bis Mai 1927 war Debus Geschäftsführer des Konsumvereins Greiz in Thüringen. In gleicher Funktion war er auch in Velten/Mark Brandenburg tätig. 1933 übernahm Debus die Funktion des Filialenkontrolleurs, bis er schließlich kurze Zeit später zum Abteilungsleiter der Berliner Konsumgenossenschaft in Lichtenberg in der Rittergutstraße 25 (heutige Josef-Orlopp-Str.) aufstieg. Auf Grund der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung mussten die Berliner und Veltener Geschäftsführungen von ihm verschmolzen werden.

Nach dem Reichstagsbrand und der berüchtigten „Köpenicker Blutwoche“ wurden zahlreiche SPD-Funktionäre, Reichsbannermitglieder und kommunale Mandatsträger von SA-Sturmtrupps verschleppt3. In der alten Arbeiterhochburg Velten stand auch Debus im Fokus des NS-Regimes. Er wurde verhaftet und zunächst im Lager „Meißnerhof“ bei Hohenschöpping festgehalten. Dort traf er auf bekannte sozialdemokratische Politiker aus Velten und anderen Orten des Berliner Umlands, die so schwer misshandelt wurden, dass einige die Haftzeit nicht überlebten. Im gleichen Jahr wurde Debus in das Konzentrationslager Oranienburg verschleppt, wo er vom 12. Juli bis zum 30. August festgehalten und misshandelt wurde. Nach der Entlassung musste er Velten sofort verlassen und zog mit seiner Familie in eine Zweizimmerwohnung des Hauses der Berliner Konsumgenossenschaft nach Lichtenberg, in die Rittergutstraße 25. Wie seine Tochter Ilse später berichtete, hatten sich viele Mitarbeiter der Konsumgenossenschaft für seine Freilassung eingesetzt. Sie begründeten ihre Gesuche damit, dass Debus dringend für die personelle und finanzielle Abwicklung der Geschäfte gebraucht werde4. Doch kurze Zeit später wurden auf Druck des NS-Staates viele Filialen der Konsumgenossenschaft privatisiert. So verlor auch Debus Ende September 1935 seine Anstellung als Konsumgeschäftsführer. Einige ehemalige Mitarbeiter erwarben daraufhin die Läden und stellten Debus als Buchhalter ein.
Die im Haus der Konsumgenossenschaft wohnenden Sozialdemokraten und Kommunisten widersetzten sich immer wieder den braunen Machthabern. Sie weigerten sich auch, NS-Fahnen herauszuhängen. Debus wurde daraufhin wegen „Aufwiegelung der Arbeiter“ und „politischer Unzuverlässigkeit” vom Staatskommissar Speike gekündigt und erhielt das Verbot, seine ehemalige Arbeitsstätte weiterhin zu betreten.

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen von 1933 und dem Verlauf des NS-Terrors nahm Debus zunehmend radikalere Positionen ein und traf schließlich im Herbst 1936 auf den ehemaligen Reichstagsabgeordneten und früheren Elberfelder USPD-Genossen Otto Brass. Brass war ein entschiedener Gegner des NS-Regimes und hatte nach wie vor zahlreiche Verbindungen zu Genossen der alten linkssozialistischen Partei5. Nicht zuletzt auf Grund ihrer Erfahrungen und radikaleren politischen Einstellung gründeten sie zusammen mit dem früheren Juristen und Dozenten Dr. Hermann Brill, dem ehemaligen Redakteur Franz Petrich und dem ehemaligen Landtagsabgeordneten Johannes Kleinspehn die sogenannte Zehn-Punkte-Gruppe, die auch als Volksfront- bzw. Einheitsfront-Gruppe bekannt war. Ilse Kirchner, geb. Debus, berichtete 1995: „...Der Kreis traf sich zweimal pro Woche bei uns in Lichtenberg, diskutierte, trank Kaffee und aß Kuchen. Aus den Erörterungen entwickelte sich das Zehn-Punkte-Programm. Brill schrieb es handschriftlich nieder. Ich tippte es ab, und der junge Willi Urban (Friedrichsfelde, Solzstraße 13) vervielfältigte den Text6.“ Das Zehn-Punkte-Programm beinhaltete unter anderem folgende Forderungen: Sturz und Vernichtung der Hitlerdiktatur, Recht und Gerechtigkeit für alle, Freiheit des Glaubens und der Weltanschauung, volle Selbstregierung und Selbstverwaltung des deutschen Volkes in einem erneuerten Reich der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Demokratie, Frieden und Freundschaft mit allen Völkern und Beseitigung der Not und der Arbeitslosigkeit durch Wiedereintritt Deutschlands in die Weltwirtschaft7.
Das Zehn-Punkte-Programm wurde durch geheime Verbindungen über die Grenzen Berlins hinaus zu Debus´ und Brills Freunden nach Hamburg, ins Rheinland, Ruhrgebiet und nach Thüringen verschickt. Zusätzlich verbreiteten sich die Ideen des Programms durch die Wiederaufnahme alter Kontakte zu Funktionären aus Partei und Gewerkschaft sowie der unterdrückten Arbeiterkulturbewegung8.
Berliner Partei- und Gewerkschaftsfunktionäre wie Franz Künstler und Max Urich, Lichtenberger Partei- und SAJ-Funktionäre sowie Mitarbeiter der Konsumeinrichtungen trugen unter höchster Gefahr die Ideen der Deutschen Volksfront weiter. Um den Widerstand gegen das Hitler-Regime weiter zu stärken, suchte die Volksfrontgruppe auch den Kontakt zur KPD-Leitung. Die Nachricht über diese Kontaktaufnahme wurde allerdings seitens der sozialdemokratischen und einiger sozialistischer Exil-Kreise nicht gerade wohlwollend aufgenommen. Die sozialdemokratischen Exil-Kreise und vor allem der Prager Exil-Vorstand fürchteten, dass sich die kommunistische Exil-Leitung um Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht mit der Übernahme sozialdemokratischer Initiativen den Führungsanspruch als Vertreter der illegalen deutschen Arbeiterbewegung sichern wollte9.
In der Zeit von 1936 bis 1937 trat die Volksfront-Gruppe in Verbindung mit dem Berliner Neu-Beginnen-Kreis. Daraufhin wurden weitere Widerstandsschriften entwickelt und verbreitet.

Bei der Verbreitung der Schriften unterliefen höchstwahrscheinlich folgenschwere Fehler, die zu zahlreichen Verhaftungen führten10.
Debus´ Tochter Ilse erinnerte sich: „Mein Vater wurde (am 20. September 1938) in der Wohnung verhaftet. Ich am selben Tag im Betrieb. Beim Verhör hielt ich mich an seinen Rat: ,Leugne alles ab, denn gibst du erst etwas zu, erpressen sie immer mehr.´ Ich machte auf naiv und dumm, wurde gebufft und mit der Pistole bedroht, man misstraute mir. Andererseits waren sie so dumm, bei der Durchsuchung unserer Lichtenberger Wohnung eine Schusswaffe und viel illegales Material zu übersehen. Man gab sich mit dem wenigen zufrieden, was man fand, es reichte ihnen wohl. Dabei waren im Kachelofen (in der Küche) unter einem Wachstuch und im Oleandertopf in Ölpapier unter der Erde Untergrundhandschriften; in der Standuhr lag ein Stapel mit der 10-Punkte-Erklärung, und das Geheimfach in Vaters Schreibtisch verbarg die Waffe und Munition11.“
Debus wurde nach einer Vielzahl von Verhören durch die Gestapo am 14. Juli 1939 vom Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu fünf Jahren Zuchthaus und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte für den gleichen Zeitraum verurteilt12. Auch Kleinspehn und Petrich bekamen in diesem Prozess mehrjährige Zuchthausstrafen. Brass und Brill wurden in einem weiteren Prozess zu je zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt.
Debus kam in die Strafanstalt Brandenburg/Havel–Görden, wo sich sein Gesundheitszustand verschlechterte. In einem verzweifelten Gnadengesuch an den Chef der Geheimen Staatspolizei Himmler bat seine Tochter Ilse: „...Geben Sie mir und meinem im Felde stehenden Bruder den Vater zurück13.“
Das Gnadengesuch wurde mit der Begründung, Debus habe seine Tat noch lange nach der Machtergreifung begangen, abgelehnt.
Am 17. Dezember 1942 verstarb Oskar Debus im Zuchthaus Brandenburg an den Folgen von Folter und Entbehrungen. Ilse Kirchner erinnerte sich: „Anfänglich durfte ich meinen Vater noch alle zwei Monate in Brandenburg besuchen, später nur noch vierteljährlich zehn Minuten. Briefe bestanden zuletzt nur noch aus einer Seite. Im Dezember 1942 konnte ich ihm noch von der Kriegswende in Stalingrad Nachricht geben, doch waren die Gefangenen durch das Abhören von `Feindsendern` darüber bereits informiert. Vaters Gesundheitszustand verschlechterte sich immer mehr. Schließlich empfing ich die erschütternde Nachricht seines Todes. Es gelang mir sogar nach dem deprimierenden Erhalt seiner letzten Sachen, die Urne ausgehändigt zu bekommen. Auf der Beerdigung in Friedrichsfelde (Zentral-Friedhof), bei der an einhundert Menschen teilnahmen, sprach der ehemalige Lichtenberger SPD-Stadtrat Willi Klüsener in ergreifenden Worten vom Verstorbenen. Klüsener wurde ein oder zwei Jahre später (vermutlich wegen seiner offenen und kritischen Sprache) selbst eingesperrt und verurteilt. Er kam im KZ Bergen-Belsen ums Leben14.“

1 Nach eigenen Angaben gegenüber dem Geheimen Staatspolizeiamt nach seiner Festnahme am 20. September 1938, BArch, ZC 7987, Bd. 1. 

2 Soweit nicht anders angegeben, beruhen die folgenden Informationen auf LA Berlin, C Rep. 118-01, Nr. A21332 (Lebenslauf Ilse Kirchner, geb. Debus vom 29. Januar 1946). 

3 Vgl. Sandvoß, Hans-Rainer: Widerstand in Friedrichshain und Lichtenberg (Band 11), Berlin 1997, S. 59. 

4 Vgl. ders.: Die „andere“ Reichshauptstadt – Widerstand aus der Arbeiterbewegung in Berlin von 1933 bis 1945, Berlin 2007, S. 109-118. 

5 Vgl. ders.: Widerstand in Friedrichshain und Lichtenberg, S. 60. 

6 Zit. nach: ebd. 

7 Anklageschrift der Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof vom 29. April 1939, in: BArch, ZC 7987, Bd. 10. 

8 Vgl. Sandvoß: Widerstand in Friedrichshain und Lichtenberg, S. 62. 

9 Vgl. ebd., S. 64. 

10 Vgl. ebd. 

11 Zit. nach: ebd., S. 65. 

12 Vgl. Urteil des Volksgerichtshofs vom 14. Juli 1939, BArch, ZC 7987, Bd. 11. 

13 Gnadengesuch von Ilse Debus vom 28. Juli 1942, BArch, ZC 7987, Bd. 4. 

14 Zit. nach: Sandvoß: Widerstand in Friedrichshain und Lichtenberg, S. 66. 

Soziale/Regionale Herkunft: Wuppertal/Elberfeld

Ausbildung/Berufstätigkeit: 1892 – 1900 Volksschule in Elberfeld; anschließend Ausbildung zum kaufmännischen Angestellten und bis 1905 in der Bettfedernbranche tätig; 1918 - 1922 Geschäftsführer des Konsumvereins „Saale“ in Schwarza an der Saale; Mitte 1925 – Mai 1927 Geschäftsführer des Konsumvereins Greiz in Thüringen in gleicher Funktion auch in der Mark Brandenburg (Velten); 1933 Filialenkontrolleur; anschließend Abteilungsleiter der Konsumgenossenschaft in Berlin-Lichtenberg bis Ende September 1935; September 1935 bis November 1935 Fleischabgabenkontrolleur; ab November 1935 Pensionär wegen Invalidität

Mitgliedschaft und Funktionen in der Gewerkschaftsbewegung: Zentralverband der Angestellten

Parteizugehörigkeit/-funktionen, politische Vorfeldorganisationen: seit 1911 SPD-Mitglied

Politische Mandate/Aktivitäten: keine

Widerstandsaktivitäten: Gründungsmitglied der Deutschen Volksfront

Haft in Konzentrationslagern/ Zuchthäusern/Gefängnissen: 12. Juli 1933 - 30. August 1933 KZ Oranienburg (vorher KZ Meißnerhof); 1939 bis zu seinem Tod Zuchthaus Brandenburg/Havel - Görden

Politisches und gewerkschaftliches Engagement nach 1945: entfällt

Erinnerungskultur/Ehrungen: nicht bekannt

 
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Kommentare

http://www.gew-berlin.de/blz/21234.htm

Ein Stolperstein für Oskar Debus

Die GEW-Senioren in Lichtenberg gedenken der Opfer des Faschismus

von Elke Sabrowski und Erich Juhnke, GEW-Seniorengruppe Lichtenberg

Mit viel Interesse haben wir in der April/Mai-blz den Artikel »Viele Orte des Gedenkens« von Marianne Pousset gelesen, weil wir uns seit Längerem mit den Opfern des Faschismus und dem antifaschistischen Widerstand beschäftigten: Besuche in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Plötzensee, Zentralfriedhof Friedrichsfelde und anderen Orten.

Zuletzt besuchten wir im März 2010 verschiedene Orte, die an die Köpenicker Blutwoche vom 21.- 26. Juni 1933 erinnern. 500 Gegner des Faschismus wurden damals von der Köpenicker SA gefangen genommen, gedemütigt, gefoltert und viele von ihnen ermordet. Die Verhaftungsaktion sollte ein Exempel statuieren und folgte nach den Reichstagswahlen 1933, die in Berlin noch immer viele Stimmen für die SPD und die KPD einbrachten. Bei ihren Kundgebungen und Demonstrationen gegen eine erneute Kriegsvorbereitung kam es oft zu tätlichen Auseinandersetzungen mit gewaltbereiten Nazis. Deren Wut gegen die Antifaschisten wuchs ins Unermessliche. Nachdem es bereits ab Februar 1933 mehrere Verhaftungswellen gab, führte die SA eine große Straf- und Vernichtungsaktion im Juni 1933 in Berlin-Köpenick durch.

Orte der Gewalt

Wir begannen den Rundgang in der Köpenicker Gartenstadt Elsengrund, in der mehrere Antifaschisten wohnten. Gedenk-tafeln an den Häusern erinnern heute daran. Diese Wohnsiedlung am S-Bahnhof Köpenick war ein Angriffsziel der Nazis. An zahlreichen Orten fanden Misshandlungen und grausame Folterungen durch SA-Leute statt. Opfer waren Mitglieder von KPD und SPD, des Reichsbanners, Juden, Gewerkschafter und Parteilose, unter ihnen der frühere Ministerpräsident von Mecklenburg-Schwerin Johannes Stel--ling, der Reichsbannerführer Paul von Essen und der Kommunist Karl Pokern.

Nach dem Gang durch die Gartenstadt besichtigten wir im ehemaligen Amtsgerichtsgefängnis am Mandrellaplatz die beeindruckende und ergreifende Gedenkstätte für die Opfer der Köpenicker Blutwoche. Dort spielten sich vorwiegend jene grauenvollen Ereignisse ab, die in die Geschichte eingegangen sind. Wenige Monate nach Errichtung der faschistischen Macht wurden hier bis zu 91 Widerstandskämpfer von SA-Banditen grausam gefoltert und ermordet.

Während unseres Besuchs der Gedenkstätte kamen wir zu dem Entschluss, Geld für einen »Stolperstein« für ein Opfer des Faschismus zu spenden.

Ein Leben

Sehr schnell kamen die erforderlichen 95 Euro für einen Stolperstein zusammen. Wir nahmen Verbindung zu »Licht-Blicke«, der Netzwerkstelle für Demokratie und Toleranz in der Ahrenshooper Straße 7, auf, die in Lichtenberg und Hohenschönhausen die Verlegung der Stolpersteine organisiert.

Schon bald machten uns Hans-Rainer Sandvoß und Lichtblicke e.V. den Vorschlag, einen Stolperstein für Oskar Debus zu verlegen. Oskar Debus wurde am 3. November 1886 in Wuppertal-Elberfeld geboren. Er war Konsumgenossenschaftler und Sozialdemokrat und arbeitete als Buchhalter in Konsumvereinen. 1933 übernahm er die Funktion des Filialenkontrolleurs, bis er schließlich kurze Zeit später Abteilungsleiter der Berliner Konsumgenossenschaft in Lichtenberg wurde.

1939 wurde er wegen Widerstands vom Volksgerichtshof zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, weil er eintrat für den Sturz und die Vernichtung der Hitlerdiktatur, Recht und Gerechtigkeit für alle, Freiheit des Glaubens und der Weltanschauung, Selbstverwaltung des deutschen Volkes in einem erneuerten Reich der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Demokratie, Frieden und Freundschaft mit allen Völkern.

Verlegung des Stolpersteins

In der Haftanstalt Brandenburg kam er an den Folgen von Gestapo-Folter und Zuchthaus-Haftbedingungen am 17. Dezember 1942 ums Leben. Seine frühere Wohnung in der Rittergutstraße 25 (heute Josef-Orlopp-Straße) war zudem ein wichtiger Widerstandstreffpunkt.

Dort nahmen wir im Oktober 2010 an der Verlegung des Stolpersteins vor der letzten frei gewählten Wohnstätte von Oskar Debus teil. Auch die Konsumgenossenschaft, die heute noch ihren Sitz in der Josef-Orlopp-Straße hat, der letzten Arbeitsstätte von Oskar Debus, zeigte Interesse an unserem Vorhaben. Sie nahm mit Vertretern an der Verlegung teil und beteiligt sich an der Pflege und Kontrolle des Steines.

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