Knöchel-Gruppe

Knöchel-Gruppe

Wuppertal war eines der Zentren der „Knöchel-Organisation“. Der Namensgeber Wilhelm Knöchel versuchte 1942, eine neue Inlandsleitung der KPD in Deutschland aufzubauen.1 Im Rhein-Ruhrgebiet sorgten Instrukteure für Quartiere und Kontakt zu alten Gruppen in Zechen und Rüstungsbetrieben. Ein Schwerpunkt dieser Organisation war das Gebiet von Wuppertal, Düsseldorf und Solingen mit den Kontaktleuten Willi Seng und Alfons Kaps.2 Im Februar 1942 erschienen erstmals Flugblätter unter dem Titel „Der Friedenskämpfer“. Knöchel und seine Mitstreiter propagierten die „rasche Beendigung des Krieges mit einem ehrenvollen Frieden.“ „Der Friedenskämpfer“ thematisierte im Juni 1942 erstmals die Massenerschießungen von Zivilisten in der Sowjetunion, machte das Massensterben der russischen Kriegsgefangenen bekannt und orientierte auf Zusammenarbeit mit Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern. Die Verfasser riefen die Soldaten der Wehrmacht auf, sich nicht am Vernichtungskrieg zu beteiligen: „Macht Schluss mit dem verbrecherischen Eroberungskrieg. Hört nicht auf eure Offiziere. Schießt nicht auf die russischen Arbeiter und Soldaten. [...] kehrt eure Waffen um, gegen den Feind im eigenen Land, gegen Hitler und seine Mörderregierung. Geht mit den Waffen auf die Seite der Roten Armee über.“3 Mit der sogenannten F-Aktion – Frieden, Freiheit, Fortschritt – sollte eine Art illegale Volksabstimmung in Gang gesetzt werden. Darüber hinaus wurde zur Sabotage an Maschinen und Material und zu Eingriffen in die Verkehrsinfrastruktur aufgerufen. Diese Themen wurden auch in den von Willi Seng in Wuppertal und Alfons Kaps in Düsseldorf 1942 herausgebrachten Zeitungen „Freiheit“ und „Ruhr-Echo“ behandelt. Die Widerstandsaktionen der Knöchel-Organisation waren sehr vielfältig. In den Zeitungen und Flugblättern agitierten sie zum Langsamarbeiten und zur Bildung von Kampfkomitees in den Betrieben.4 Auf kleinen Streuzetteln mit Aufdrucken wie „Wir wollen Frieden. Stürzt Hitler!“ und mit gemalten Parolen versuchten sie gegen den Krieg zu mobilisieren.

Gruppe Alfons Kaps

Alfons Kaps war 1934 in die Widerstandsgruppe um Emil Löhde eingebunden und musste Ende 1934 fluchtartig Wuppertal verlassen. In der Emigration in den Niederlanden war er zeitweise im Wuppertal Komitee aktiv. Danach bereiste er als Instrukteur der Abschnittsleitung West Westdeutschland. Wahrscheinlich kam er 1942 illegal wieder nach Deutschland und lebte als Kellner in Düsseldorf. Es gelang ihm, für die illegale Arbeit in einer neuen Gruppe vor allem seine bereits vor 1933 in der KPD organisierten Brüder Alois und Paul zu gewinnen. Weitere Mitstreiter wurden Ludwig Hinrichs und der Schwager seines Bruders, der Schriftsetzer Paul Alker. Alfons Kaps konnte auch ehemalige Funktionäre aus der legalen Zeit, wie den Former Walter Böhne zur Mitarbeit bewegen. Walter Böhne war Ende 1938 gesundheitlich sehr angeschlagen aus dem KZ Sachsenhausen entlassen worden. Schließlich kontaktierte Kaps auch die Aktivisten Hugo Paul und Friedrich Groß. Ein weiterer Akteur dieses neuen Netzwerkes war Erich Lohmer. Lohmer war im Zuge der Gewerkschaftsprozesse am 16. Juni 1936 zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden.Ende 1942 war er wieder illegal in der sogenannten Gruppe „Rolandstraße“ aktiv geworden, die selbst hergestellte Flugblätter verbreitete. Lohmer wurde auch in den Bezug der illegalen Zeitungen der Knöchel-Gruppe einbezogen. Lohmer vermittelte mit Hugo Breenkötter einen weiteren Kontaktmann. Breenkötter war ebenfalls in den Gewerkschaftsprozessen abgeurteilt worden und hatte eine vierjährige Zuchthausstrafe verbüßen müssen. 1942 versuchte Knöchels Instrukteur Willi Seng auch den bekannten Ronsdorfer Funktionär der KPD Hugo Ebbinghaus für die illegale Arbeit zu gewinnen. Ebbinghaus war aus politischen Gründen dazu nicht bereit, er brachte aber Willi Seng mit weiteren Personen zusammen, die zur Zusammenarbeit bereit waren. Unter den neuen Unterstützern war Karl Wallbrecher, dessen Wohnung bereits seit 1933 immer wieder als sichere Anlaufstelle gedient hatte. Weitere Kontaktpersonen waren Friedrich Klesper, Hermann und Hermine Schmidt, Irmgard Schwebinghaus und die Familie Kiesebrink.

Die Zerschlagung der Knöchel-Organisation

Anfang 1943 begann die Gestapo die Knöchel-Organisation zu zerschlagen. Anfang Januar konnte Alfons Kaps verhaftet werden. Er war in seiner Düsseldorfer Wohnung denunziert worden. Kaps verriet (unter Folter) Willi Seng, der am 20. Januar 1943 verhaftet wurde. Auch Seng gab nach „verschärfter Vernehmung“ Hinweise auf die Widerstandsgruppe und war sogar bereit, für die Gestapo ein Treffen mit Wilhelm Knöchel in Berlin zu initiieren. Wegen Krankheit konnte Wilhelm Knöchel diesen Termin glücklicherweise nicht wahrnehmen, wurde dann aber am 30. Januar 1943 in Amsterdam festgenommen. Auch Knöchel machte umfangreiche Aussagen und bot sich der Gestapo als V-Mann an. Über 200 Personen wurden verhaftet und schwer misshandelt, unter ihnen sind 50 Personen aus Wuppertal. Das Gros aller Prozesse wurde in den Sommermonaten 1944 durchgeführt und fand mit Ausnahmen vor dem Oberlandesgericht Hamm und vor dem 1. und 2. Senat des Volksgerichtshofes statt. „Vorbereitung zum Hochverrat, Feindbegünstigung, Wehrkraftzersetzung, Schwächung der inneren Front“ lauteten die Begründungen für die 23 in den Knöchel-Verfahren ergangenen Todesurteile. Unter den 23 Hingerichteten der Knöchel-Verfahren waren: Eugen Schwebinghaus, Willi Seng, Ludwig Hinrichs, Paul Kaps und Paul Alker. Alfons Kaps, Alois Kaps, Walter Böhne, und Karl Wallbrecher verstarben in den Tagen der Voruntersuchung oder in der Untersuchungshaft an den Misshandlungen während der Verhöre oder wurden in den Selbstmord getrieben. Erich Lohmer und Hugo Breenkötter wurden noch kurz vor der Befreiung am 13. April 1945 bei dem Massaker von Gestapo-Beamten an 71 Gefangenen in der Wenzelnbergschlucht erschossen.Die übrigen Wuppertalerinnen und Wuppertaler erhielten zumeist Zuchthaus- und Gefängnisstrafen.11 Elisabeth Kaps, die Ehefrau von Alois Kaps, wurde in das KZ Ravensbrück gebracht. Dort starb sie am 22. Mai 1944. Unter den Verurteilten waren auch Hermann und Hermine Schmidt aus Beyenburg, die schon 1933-1938 regelmäßig Illegale wie Hans Salz und Grete Vogelsang in ihrem Haus an der Stadtgrenze aufgenommen hatten. Hermine Schmidt wurde für einige Monate nach Ravensbrück gebracht und anschließend nach Hamm ins Untersuchungsgefängnis überführt, wo sie auf ihren Prozess warten sollte. Hermann Schmidt wurde zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt und starb am 11. Januar 1945 im Zuchthaus.