Dieses digitale Gedenkbuch enthält die Namen von mehr als 3.300 Wuppertaler Opfern, die von den Nationalsozialisten ermordet oder in Lagern, Gefängnissen, "Heil- und Pflegeanstalten" oder bei der Zwangsarbeit in Wuppertal den Tod fanden. Die Liste ist nicht vollständig, die Biographien sind lückenhaft und möglicherweise fehlerhaft. Die Todesdaten und vor allem die Todesursachen sind oft von den Mördern und ihren Bürokraten gefälscht worden. In vielen Fällen haben die Mörder ihre Opfer nicht einmal namhaft gemacht, sie sind irgendwo in den Wäldern, in den Gaskammern und in Panzergräben ermordet worden. Ihre Körper wurden in Krematorien verbrannt oder z.T. mit hohem Aufwand aus den Massengräbern exhumiert und verbrannt, um die Spuren des Massenmordes zu verwischen .
Wir dokumentieren hier erstmals die Namen von Wuppertaler NS-Opfern der verschiedenen Opfergruppen. Die "Wuppertaler", deren Namen hier dokumentiert und deren Lebensdaten und Biographien wir hier im Internet sammeln wollen, sind aus aller Welt. "Wuppertaler" NS-Opfer sind in unserer Definition die NS-Opfer, die einen Wuppertal-Bezug haben, die hier geboren oder gestorben sind und die hier (zeitweise) gelebt haben. Aufgenommen sind auch die Opfer der Militärjustiz, die von Wuppertaler Militärgerichten zum Tode verurteilt wurden und in Dortmund und Köln hingerichtet wurden. "Wuppertaler" können gleichzeitig Ukrainer, Franzosen, Hamburger und Minsker sein. Teil des Gedenkbuchs sind ebenso die über Wuppertal abgeschossenen alliierten Soldaten und die amerikanischen Soldaten, die kurz vor der Befreiung Wuppertals noch ums Leben kamen.
Eine Besonderheit ist die Kategorie der "Ehren-Wuppertaler", womit die von den Nationalsozialisten ermordeten niederländischen AktivistInnen des "Wuppertal-Komitees" gemeint sind. Sie hatten zwischen 1935 und 1936 die weltweit beachteten Solidaritätsaktionen für die inhaftierten Angehörigen der Wuppertaler Arbeiterschaft, die in den Wuppertaler Gewerkschaftsprozessen abgeurteilt worden waren, (www.gewerkschaftsprozesse.de) organisiert. Sie wurden nach der Besetzung der Niederlande im Mai 1940 verhaftet und kamen u.a. in Konzentrationslagern und Vernichtungslagern ums Leben.
Die beiden größten Opfergruppen sind die Jüdinnen/Juden und die ZwangsarbeiterInnen. Über 1000 ZwangsarbeiterInnen und Kriegsgefangene fanden in Wuppertal den Tod. Sie wurden von der Gestapo erhängt und erschossen oder in Arbeitserziehungslagern (AELs) und KZs zu Tode geschunden. Die Mehrheit von Ihnen starb beim "Arbeitseinsatz" in Wuppertal, bei Bombenangriffen und Betriebsunfällen, sie starben an Tuberkulose, Ruhr, Lungenentzündung und Unterernährung. Auch Kinder waren unter den Opfern. Über 100 Zwangsarbeiterkinder überlebten die Zeit in Wuppertal nicht, z.T. weil sie in sog. "Kinderpflegestätten" der Zwangsarbeits-Betriebe völlig unzureichend versorgt wurden.
Über 300 WuppertalerInnen wurden Opfer der "Euthanasie“-Mordprogramme. Man ermordete sie in den Gaskammern der T 4-Mordanstalten, spritzte sie in sog. Heil- und Pflegeanstalten tot, vergiftete sie oder ließ sie an Unterernährung sterben.
Außer der großen Gruppe der politisch Verfolgten sind auch die religiös Verfolgten in das Gedenkbuch aufgenommen worden. Neben den bekannten NS-Opfern wie Bernhard Letterhaus und Helmut Hesse wurden im Rahmen dieser Dokumentation auch die Opfer aus den Reihen der Zeugen Jehovas recherchiert. Weitgehend unbekannt war bis jetzt das Schicksal der Wuppertaler Sinti und Roma. Nur etwa 60 Namen der Wuppertaler Sinti und Roma, die während der NS-Zeit ermordet wurden, konnten bisher ausfindig gemacht werden.
Zum ersten Mal werden auch die Wuppertaler Opfer der Militärjustiz benannt, die erst seit kurzem vom Bundestag weitgehend rehabilitiert worden sind. Ebenfalls benannt sind die ehemaligen politischen Gefangenen, die in Strafeinheiten der Wehrmacht und der SS gezwungen wurden und dort den Tod fanden. Weiterhin haben wir die Namen der Wuppertaler Spanienkämpfer und der in den verschiedenen europäischen Widerstands- und Partisanenbewegungen kämpfenden Wuppertaler aufgelistet.
Eine weitere gesellschaftlich nahezu vergesssene Gruppe sind die als "Asoziale", "Arbeitsscheue", als Homosexuelle, als "Rasseschänder" und als "Berufsverbrecher" Verfolgte. Meist wurden sie bei Razzien festgenommen und in die Konzentrationslager eingeliefert. Nach Ablauf ihrer Gefängnisstrafen nahm man sie in "Sicherheitsverfahrung" oder "polizeiliche Vorbeugehaft" und lieferte sie zum Zweck der "Vernichtung durch Arbeit" in KZs ein. Mit Unterstützung der KZ-Gedenkstätten können nun zum ersten Mal die Namen der Wuppertaler Opfer aufgelistet werden. Zu den vergessenen NS-Opfern gehören ebenso die von den Sondergerichten als "Plünderer" und "Volksschädlinge" zum Tode verurteilten Menschen. Auch ihrer erinnert man sich im Gedenkbuch.
Danksagung
Die Rechercheergebnisse über die jüdischen WuppertalerInnen basieren zum größten Teil auf den (jahrelangen) Recherchen von Prof. Manfred Brusten aus Wuppertal und den einschlägigen Gedenkbüchern des Bundesarchivs und der zentralen Datenbank der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Die meisten Daten über die ZwangsarbeiterInnen verdanken wir den Recherchen von Florian Speer (Wuppertal) und zu einem kleinen Teil der Recherche im Archiv des ITS in Arolsen. Eine weitere zentrale Grundlage war die im DFG-Projekt "Kinder des Widerstandes" (Prof. Dr. Heinz Sünker, Dieter Nelles, Hartmut Rübner, Armin Nolzen, Sonja Grabowsky) erarbeitete Datenbank über politisch Verfolgte in Wuppertal und die im Zusammenhang mit anderen Forschungen der Vereinsmitglieder zur Arbeiterbewegung entstandene Datenbank zu den Wuppertaler Gewerkschaftsprozessen, die Anne Marioth aufgebaut hat. Die Daten zu sog. Halbjüdinnen und Halbjuden steuerte Sonja Grabowsky bei. Informationen über die Verfolgung der Wuppertaler Sinti und Roma verdanken wir vor allem Frank Sparing und Michael Okroy. Zu den Euthanasie-Opfern hat uns Heike Zbick aus Köln wichtige Hilfestellungen gegeben. Dank auch an Rainer Hoffschildt, der uns zahlreiche Hinweise über homosexuelle Verfolgte aus Wuppertal lieferte, an Andreas Herbst von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin und an Klaus Leutner, Berlin. Informationen zu den in Köln und Dortmund hingerichteten Wuppertalern gaben uns Karola Fings, NS Dokumentationszentrum der Stadt Köln und Dieter Knippschildt, Stadtarchiv Dortmund. Wir danken den MitarbeiterInnen der verschiedenen Archive, des Bundesarchivs, der Birthler-Behörde, des ITS in Bad Arolsen, der Landesarchive in Düsseldorf, Berlin, Münster und Hamburg, der Gedenkstätten in Buchenwald, Sachsenhausen, Neuengamme, Ravensbrück, Bergen-Belsen, Hadamar und Dachau. Herzlichen Dank auch an Birgit Kolboske, Ralph Klein und Wladimir Maljutin für die Übersetzungen.
Das Projekt wurde finanziell gefördert von:
Barmenia Versicherung; Bundesprogramm „VIELFALT TUT GUT. Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie“; Deutsche Bank AG Wuppertal; DGB Wuppertal; Hans Böckler Stiftung; IG Metall Wuppertal;Jobcenter Wuppertal; Ökofonds Bündnis 90 DIE GRÜNEN NRW;Rosa Luxemburg-Stiftung; Stadtsparkasse Wuppertal; Stiftung Erinnerung, Landau; Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ) Berlin; Stiftung Kalkwerke Oetelshofen; Stiftung W.; Verdi Wuppertal.